Florida: Schlemmen wie auf Kuba
Florida: Schlemmen wie auf Kuba

21. Mai 2025

Florida: Schlemmen wie auf Kuba

Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Das ist auch im leicht spröden Little Havana nicht anders. Wer sich den kenntnisreichen Guides von Miami Culinary Tours anschließt, schließt nicht nur mit typischen Leckereien der karibischen Cuisine Bekanntschaft, sondern auch mit deren Produzenten. So wird der Rundgang durch das Migrantenviertel zu einem vielschichtigen Erlebnis, das Touristen normalerweise verwehrt bleibt.

Mit seinen im Schachbrettmuster angelegten Straßen und den leicht zersiedelt wirkenden Wohngebieten hebt sich Little Havana rein optisch kaum vom amerikanischen Mainstream ab. Was die sensorischen Erfahrungen angeht, stellt sich das jedoch ganz anders dar: Aus den Geschäften und Lokalen klingen Salsa-Töne. Nicht selten muss man auf dem Bürgersteig einer Zigarrenwolke ausweichen. Und aus den Küchen der Restaurants dringen erfreulich unbekannte Gerüche nach draußen.

Der kubanische Kaffee ist auch optisch ansprechend. Foto von Ralf Johnen

Der Eindruck, dass die Migranten aus der Karibik sich auch in zweiter oder dritter Generation anders als die US-Amerikaner ernähren, bestätigt sich bereits bei der ersten Station des kulinarischen Rundgangs: Im La Colada wird der Kaffee kubanischer Art regelrecht gefeiert. Kunden erhalten einen Espresso, der so viel Koffein enthält, dass er eine fast schon sirupartige Konsistenz besitzt. Diesen reichert die Barrista so geschickt mit Zucker und aufgeschäumter Milch an, dass ein kleines Kunstwerk daraus wird.

Ähnlich geht es im El Pub weiter. Das familiengeführte Lokal ist so unscheinbar, dass man als Besucher nicht so ohne Weiteres auf die Idee käme, ausgerechnet hier einen Snack zu bestellen. Doch wenn Gregorio Rivera seine Samosas zur Verkostung anbietet, weicht die Skepsis spontaner Begeisterung: die Teigtaschen sind von außen knusprig und von innen weich und feurig gewürzt. Eine Delikatesse. Ähnliches gilt auch für den Cake de Bombom in der Yisell Bakery.

Nahrhaft sind die Backwaren an der Calle Ocho. Foto von Ralf Johnen

Doch die Führung durch Little Havana beschränkt sich nicht allein auf die Aufnahme von Speisen und Getränken. So ist das Ball & Chain bereits geöffnet, ein Salsa-Lokal mit illustrer Geschichte. Ganz ohne Konsum geht der Besuch natürlich auch hier nicht vonstatten, wobei es noch ein wenig früh für einen Drink sein mag. Doch der Mojito mundet auch vor 12 Uhr mittags vorzüglich – auch, weil eine Band gute Laune verbreitet und sich bereits erste Paare geschmeidig über die Tanzfläche bewegen. So muss sie wohl aussehen, die unbekümmerte Lebensfreude, die an ach so vielen anderen Orten verloren gegangen ist.

Doch auch ohne die Neigung zu philosophischen Exkursen ist der Rundgang ein Vergnügen. Wer etwa hat schon mal einen frischen Saft aus Zuckerrohr getrunken? Dieses Getränk bereitet eine Dame in der Fruteria Los Pineranos zu, indem sie Rohrzucker in eine spezielle Presse gibt. Es entpuppt sich als ebenso ungewöhnlich wie erfrischend, da die Frucht direkt aus dem Kühlschrank kommt.

Tropischer Durstlöscher: gepresstes Zuckerrohr. Foto von Ralf Johnen

So geht das noch ein Weilchen weiter, wobei immer wieder ebenso freundliche wie fotogene Menschen ins Blickfeld rücken. Highlight ist der Besuch von Domino Park, wo die Damen und Herren im Alter von ausschließlich mehr als 55 Jahren bei Brettspielen zusammensitzen, als wäre das Digitalzeitalter nie angebrochen. Danach gibt es zum Abschluss noch ein paar Tacos.

Informationen:
  • Lage: Fünf Kilometer westlich von Downtown Miami, 13 Kilometer westlich von South Beach; Miami Culinary Tours, Tel. +1 303 578 6877, Treffpunkt wird nach Anmeldung bekanntgegeben
  • Anfahrt: mit dem Auto über die SW 7th Street oder per Uber
  • Öffnungszeiten: täglich bis zu fünf Termine zwischen 11.30 und 17 Uhr, die Tour dauert rund 2,5 Stunden, dabei wird eine Distanz von etwa einem Kilometer zurückgelegt
  • Tickets: 70 USD, Kinder 3 bis 13 Jahre 50 USD
  • Aktivitäten: Wer nach der Tour noch Lust auf weitere kulinarische Entdeckungsreisen hat, kann auch an vergleichbaren Führungen durch South Beach, Wynwood oder den Design District teilnehmen, Tickets kosten zwischen 70 und 90 USD. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist insgesamt immer noch sehr gut, man bekommt unterwegs mehr, als der durchschnittliche mitteleuropäische Magen zu verarbeiten imstande ist.
  • Website: miamiculinarytours.com

Beitragsbild: Stark und sirupartig: Cuban Coffee im La Colada. Foto von Ralf Johnen

Buchtipp: USA - Florida - Abseits der ausgetretenen Pfade

50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade - Inkl. vier digitale Ausgaben des Reisemagazins "360° NordAmerika"

Florida existiert in vielen Ausführungen. Am häufigsten wird der Sunshine State als Urlaubsparadies für Pauschalreisende angepriesen. Dies aber wird dem Südostzipfel der USA kaum gerecht, denn Florida ist eine außergewöhnlich vielseitige Lebenswelt, die neben Sonne, Strand, Meer und den Themenparks von Orlando spannende Metropolen, glitzernde Konsumwelten und abgelegene Inseln mit den grandiosen Rückzugsräumen der Natur vereint. Obwohl der Staat erst seit 100 Jahren eine größere Bevölkerung aufweist, besitzt er eine vielerorts erstaunlich interessante Geschichte, die von wegweisenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts geprägt wurde. Neuerdings fällt Florida von Kultur bis zu Kulinarik immer öfter durch eine eigene unverwechselbare Identität auf. Das vorliegende Buch hat sich zum Ziel gesetzt, diese in den Vordergrund zu rücken und eine Reise durch Florida zu einem ebenso einmaligen wie unverwechselbaren Erlebnis zu machen.

Über den Autor:Ralf Johnen ist gelernter Tageszeitungsjournalist. Halb Rheinländer, halb Niederländer, war er schon in jungen Jahren von der amerikanischen Popkultur fasziniert. Nach über 40 Reisen durch fast alle Bundesstaaten gilt er heute als einer der profundesten Kenner eines Landes, das dank seiner Eigenheiten und seiner Qualitäten immer wieder zu überraschen weiß. Florida begeistert ihn unter anderem deswegen, weil hier viele von der Politik als Zukunftsmusik behandelte Fragen längst Realität sind. Als Buchautor, Blogger und Fotograf empfiehlt Ralf Johnen einen Roadtrip in gemächlichem Tempo, bei dessen Planung stets ein wenig Luft für das Unvorhergesehene eingeräumt werden sollte.

Mit Kauf des Buches erhalten Sie zusätzlich einen Download-Code für vier digitale Ausgaben des Reisemagazins 360° NordAmerika. Mehr Infos zum Magazin finden Sie hier.

Bibliographische Angaben:

  • Taschenbuch: 256 Seiten, 211 Fotos, 7 Karten
  • Verlag: 360° medien
  • Auflage: 2. Auflage April 2025
  • Preis: 16,95 €
  • ISBN: 978-3-96855-594-2
  • Bestellmöglichkeit im Buchhandel oder über den Verlagsshop: 360grad-medienshop.de/USA-Florida