02. November 2022
Radabenteuer: Alpencross für Genießer
Eine fantastische Berglandschaft, uralte Römerstraßen und gemütliche Unterkünfte – das alles bietet eine Radtour auf der Via Claudia Augusta. Die Alpenüberquerung von Deutschland nach Italien ist auch für Ungeübte zu schaffen. Ein wenig Ausdauer sollten sie allerdings schon mitbringen.
„Was? Alpenüberquerung? Einfach so, wo ihr sonst noch nie länger als zum Brötchen holen mit dem Rad unterwegs wart?“ Meine Frau, zweifelte doch ein wenig an unserer Idee, als ich ihr stolz von meinem Vorhaben erzählte, mit zwei Freunden im September mal eben über die Alpen zu radeln. Oder, um es mit ihren Worten zu sagen: „Ihr seid doch total bescheuert.“
Natürlich lag sie an einem Punkt richtig: Unsere Tourenraderfahrung war bislang eher bescheiden. Aber: Die Via Claudia Augusta ermöglicht es auch normalen Radlern, die Alpen zu überqueren, dabei kulturelle Highlights zu erleben und den Komfort von gemütlichen Gasthöfen zu genießen. Unterschätzen sollte man die Tour trotzdem nicht.
Die Strecke verläuft durch Deutschland, Österreich, ein Stückchen durch die Schweiz und endet Italien. Offizieller Beginn der alten Römer-Rote ist in Donauwörth. Über Augsburg und Füssen führt die gut beschilderte Tour zur österreichischen Grenze. Hier geht es dann richtig in die Alpen hinein, Richtung Reutte. Die Via verläuft hier durch die Tiroler Zugspitzarena und erreicht schließlich den Fernpass. Hinter Imst führt sie nach Nauders und von dort über den Reschenpass ins sonnige Südtirol. Durch den lieblichen Vinschgau und über Meran geht es dann nach Bozen und Trient in das „echte“ Italien. Eine Variante führt ab dort nach Venedig, eine andere nach Ostiglia. Insgesamt sind das rund 600 Kilometer Fahrweg für eine Strecke, in der Literatur werden dafür in der Regel 14 Tage Fahrzeit angegeben. Insgesamt hängt die Dauer natürlich davon ab, wie der eigene Trainingszustand ist, und wieviel Zeit für Besichtigungen benötigt wird. Einigermaßen trainierte Radler sollten 70 Kilometer pro Tag schaffen, Kulturinteressierte sollten lieber 30 bis 40 Kilometer veranschlagen.
Da wir nur zehn Tage Urlaub hatten, entschieden wir uns für das Herzstück der Tour von Augsburg nach Trient. Wir wollten unsere erste Fahrradreise ja auch genießen.
Und dazu gab es auf der Tour reichlich Gelegenheit: Schon beim Start im lieblichen Voralpenland war es die größte Herausforderung, nicht an jedem der zahlreichen Biergärten anzuhalten und ein Erfrischungsgetränk einzunehmen. Auch kulturell gab es so einiges zu entdecken: zum Beispiel alte Römervillen und den Original-Untergrund der rund 2000 Jahre alten Römerstraße.
Nicht nur wegen des manchmal etwas holprigen Untergrunds ist die Tour keinesfalls eine Spazierfahrt. Alleine an mehrere Stunden im Sattel müssen sich Ungeübte erst einmal gewöhnen. Besondere Herausforderungen sind sicher die Pässe: Zunächst der Fernpass (Höhe 1293 Meter) in den Tiroler Alpen und dann der Reschenpass (1504 Meter) an der Grenze zu Südtirol. Wobei hier niemand sein Rad schultern muss: Es sind zumeist gut befahrbare Waldwege oder Strassen, die über die Alpen leiten. Aber beim dauerhaften Anstieg über zahlreiche Kehren wird Gang 1 von 28 schnell zum besten Freund. Konditioneller Höhepunkt der Tour war für uns die Passage von der Ortschaft Martina Richtung Norbertshöhe kurz vor dem Reschenpass. Hier sind elf steile Kehren und gut 400 Höhenmeter auf einer Länge von rund 6 Kilometern zu bewältigen.
Die Natur entschädigte aber für alle Mühen. Immer wieder tauchten schroffe Bergzüge hinter sattgrünen Blättern auf, Greifvögel zogen ihre Kreise und so manches Reh überquerte den Fahrweg. Besonders in den Passregionen ließen sich auch Gemsen blicken. Die herrliche Alpenlandschaft um den Fernpass kannte ich bisher nur von Wanderungen.
Bis weit nach Italien haben wir es auf unserer Tour nicht mehr geschafft. Nach rund 500 Kilometern stellten wir unsere Räder auf dem Domplatz von Trient ab. Bevor wir aber dann den Abschluss der Tour auf den Stufen des barocken Neptunbrunnens feierten, rief ich noch schnell meine Frau an: „Schatz, wir haben´s geschafft, die Tour war absolut nicht bescheuert.“
Autor: Holger Nacken
Buchtipp: Alpenradler
Drei Freunde, drei Räder, ein Ziel: die Alpen aus eigener Kraft zu überqueren. Auf der alten Römerstraße Via Claudia Augusta wollen es Holger Nacken und seine beiden Reisegefährten von Bayern über Österreich nach Italien schaffen. Doch vor den Alpencross-Amateuren liegen nicht nur rund 500 Kilometer und über 6.000 Höhenmeter, sondern so manch zusätzliche Herausforderung.
Im Buch „Alpenradler“ erzählt der gelernte Journalist Holger Nacken unterhaltsam und spannend von den kleinen und großen Abenteuern, die ein Alpencross per Rad so mit sich bringt. Praktische Reisetipps und eine Karte runden das Buch ab.
“Die einzelnen Kapitel lesen sich ungemein locker und lebendig. Wunderbare Kopfkinokurzfilme“ (Aachener Zeitung).
“Neben Landschaftsbeschreibungen, bei denen man am liebsten gleich losradeln würde, gibt es im Buch allerlei Begegnungen mit skurrilen Bergkameraden.” (General-Anzeiger Bonn)
Bibliografische Angaben:
- Titel: Alpenradler: Auf der Via Claudia Augusta von Deutschland nach Italien
- Autor: Holger Nacken
- Broschiert: 128 Seiten
- Verlag: 360° medien - traveldiary
- ISBN-13: 978-3944365855
- Preis: 12,80 Euro
Weitere Informationen und Bestellmöglichkeit (innerhalb Deutschlands versandkostenfrei): https://360grad-medienshop.de/Alpenradler
Beitragsbild: Auf der Via Claudia Augusta bei Bozen. Foto: Siegfried Rabanser, Creative Commons via Wikimedia, CC BY 2.0