Gehen ist Magie: Der Besinnungsweg durch die Ehinger Alb

18. Mai 2021

Gehen ist Magie: Der Besinnungsweg durch die Ehinger Alb

Hektik und kaum Zeit für sich selbst – manchmal braucht es eine Auszeit. Die Ehinger Alb ist wie dafür gemacht. Auf dem 51 Kilometer langen Besinnungsweg finden Wanderinnen und Wanderer Impulse, Altes und Gewohntes zu überdenken.

Leise plätschert die Große Lauter unter ihren Füßen dahin. Knapp über der Wasseroberfläche tanzen blau schimmernde Libellen. Anna sitzt auf einem dicken Baumstamm, der vor Jahren einmal über den Fluss gefallen ist. Jetzt bildet er eine natürliche Brücke ans andere Ufer – und einen gemütlichen Platz zum Entspannen und Zur-Ruhe-kommen. Anna ist auf der vom Deutschen Wanderverband zertifizierten, 51 Kilometer langen Biosphären-Wandertour „Wege der Besinnung und Einkehr auf der Ehinger Alb“ unterwegs. Der Rundweg führt quer durch das Gebiet der Ehinger Alb und das Albvorland: durch dichte Wälder, über kleine Kuppen und zu weiten Ausblicken. Fast so abwechslungsreich wie das Leben selbst.

Wege der Besinnung und Einkehr. Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart
Wege der Besinnung und Einkehr. Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart

Der Weg verläuft am Naturwunder des Jahres 2019

Große Lauter. Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart
Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart

Auf dem Weg geht es darum, sich im spirituellen Raum zu besinnen und Antworten auf Fragen zu finden, wie „Wo will ich hin im Leben?“ oder „Wo stehe ich gerade?“ Genau das ist auch Annas Intention. Im Beruf häufig im Stress, will sie fernab von Terminen und Konventionen die Stille der Natur genießen. Ihre Etappe führt von Erbstetten durch das Lautertal und weiter über Mundingen nach Dächingen. Von ihrem Baumstamm aus geht sie weiter an der Großen Lauter entlang. Der Fluss ist die Lebensader für das Tal. Und nicht nur das: 2019 wurde die Große Lauter von der Heinz Sielmann Stiftung zum Naturwunder des Jahres gekürt. Mannshoch wachsen die Sträucher an ihrem Ufer. Auf der anderen Wegseite ragen steile Felswände empor. Und hoch oben am Hang thront die Burgruine Wartstein, wie ein Wächter, der das Tal überblickt.

Einer, der den Besinnungsweg besonders gut kennt, ist Alfons Köhler. Der Wirt aus Dächingen ist in der Region aufgewachsen und kennt sie wie kein Zweiter. „Mir und meiner Familie liegt unsere Heimat auf der Schwäbischen Alb sehr am Herzen“, erzählt er. „Deshalb habe ich mich auch von Anfang an bei der Planung des Besinnungsweges engagiert.“ Mit dem großen Rundweg sind die Wege der Besinnung und Einkehr aber noch nicht abgeschlossen. An den Hauptweg schließen noch einige Themenwege und ‑orte an.

Annas nächste Station ist ein solcher Themenweg: Der Lebens-Horizont-Weg in Mundingen ist eine Mischung aus Besinnungsweg und Kunstpfad. Sechs Kunstwerke hat der Tübinger Künstler Martin Burchard hier geschaffen, die sich alle mit Spiritualität befassen. Unter einem hölzernen Unterstand befinden sich drei bunte Gebetsmühlen. Sie sind ein Impuls, damit Wandernde erkennen, wofür sie dankbar sein können. Langsam dreht Anna an den Mühlen. Sie zeigen Begriffe wie Harmonie, Inspiration, Klarheit und Frieden.

Der Wanderweg vereint Natur mit Kunst

„Mein absolutes Highlight auf dem Lebens-Horizont-Weg ist die Statue Enger und weiter Horizont“, erzählt Alfons. „Sie symbolisiert den Lebensweg der Menschen, erst eingeschränkt durch den Alltag und dann himmelsoffen und befreit.“ Anna staunt, als sie das mächtige Kunstwerk weiter oben am Weg entdeckt. Von vorne erinnert es an die Schwingen eines Adlers. Fasziniert läuft Anna hindurch und streicht mit den Händen über die kühlen Rohre.

Skulptur
Skulptur "Enger und weiter Horizont" von Martin Burchard. Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart

Alfons erklärt: „So wie diesen Ort haben wir einige auf dem Besinnungsweg, die Kraft geben und wunderbar ruhig sind. Dazu gehört auch einer meiner Lieblingsorte. Er heißt Die Rolle und ist ein Feuchtbiotop, an dem man sich Inspiration fürs tägliche Leben holen kann.“ Und auch Anna spürt mit jedem Schritt, wie sie immer mehr Details der Natur wahrnimmt. Deshalb plädiert Alfons dafür, sich Zeit zu nehmen und die einzigartige Landschaft am Fuße der Schwäbischen Alb zu genießen. Und hinter jeder Biegung eröffnen sich neue Perspektiven.

Auch für Anna, die nach einem Tagesmarsch die Wallfahrtskirche in Dächingen erreicht, auf einer Kirchenbank Platz nimmt und hier eine ganz andere Art der Besinnung erlebt. Nicht in der Natur, sondern im Schutz der Religion – aber genauso ruhig und entspannend wie am Morgen auf dem bemoosten Baumstamm.

Mehr über den Besinnungsweg gibt es unter www.besinnungsweg-ehinger-alb.de, mehr über die Region unter www.schwaebischealb.de/wandern.

Beitragsbild: Platz zum Entspannen auf dem Besinnungsweg Ehinger Alb; Photo Credit: TMBW | Udo Bernhart