23. Juli 2021
Wattwanderung: Unterwegs nach Norderoog
Norderoog ist ein geheimnisvolles Eiland. Blickt man von Hallig Hooge über das Wattenmeer, sieht man irgendwo im Nirgendwo zwei Pfahlbauten, wie sie über der Ebene zu schweben scheinen. Dahinter schimmern die Sandmassen von Norderoogsand. Schaut man genauer hin, sieht man über Norderoog Vögel fliegen, sieht sie auffliegen und kreisen, sieht sie Norderoog gezielt anfliegen und dort landen. Betrachtet einen unter Vogelschützern legendären Ort, blickt auf eine Hallig, die so weit draußen liegt, wie kaum eine andere. Meist bleibt es beim Blick, denn Hallig Norderoog ist strengstes Vogelschutzgebiet, vom regulären Gast nur zu betreten von Mitte Juli bis Ende Oktober von Hallig Hooge aus. Und auch das nur unter Aufsicht und in geführter Gruppe.
Die Hallig selbst ist im Besitz von und wird vom Verein Jordsand betreut, die Führungen dorthin unternimmt die Schutzstation Wattenmeer auf Hooge. Und los geht’s: „Wir treffen uns am Deich bei der Ockelützwarft“, sagt Michael Klisch, er leitet die Schutzstation Wattenmeer auf Hallig Hooge, „oft übernehmen diese Exkursionen unsere jungen Leute aus dem freiwilligen ökologischen Dienst.“ Aber den Weg dorthin, die Fährnisse und Geheimnisse des Wattenmeeres um Hallig Hooge, kennt kaum jemand so gut wie Klisch; auch deshalb geht es nur in Gruppen – und nie allein nach Norderoog; es ist gefährlich und verboten. „Die Strecke ist gut fünf Kilometer lang“, erklärt er, „der Hinweg dauert rund anderthalb Stunden, auf Norderoog haben wir eine Stunde Aufenthalt – und dann müssen wir wieder zurück.“ Denn die Nordsee wartet nicht, sie ist dann schon längst wieder auf dem Rückweg. Mit der Ebbe hinaus, mit der Flut im Rücken wieder zurück.
„Wir bieten unsere Touren frühestens ab Mitte Juli an“, so Klisch, „also nach dem Ende der Brutzeit. Hallig Norderoog ist ein bedeutendes Vogelschutzgebiet. Gerade die seltenen Seeschwalbenarten brüten dort und ziehen auf Norderoog ihre Jungen groß – da darf man nicht stören.“ Über dem Watt weht ein kühler, köstlich nach der See riechender und schmeckender Wind; salzig, ein wenig nach dem typischen Jod und nach Tang duftend. Der Kopf ist frisch und frei, die Entdeckerlust ist längst geweckt, als Klisch den Kompass kontrolliert. Kurs Süd. Und es los geht zu einem geheimnisvollen Ort, der Flur Nummer Sechs der Hallig Hooge ist, aber eine Welt für sich.
Die Neugier ist groß – wie ist es da draußen? Da lebt ja schließlich auch noch jemand, immerhin vom Frühjahr bis in den späten Herbst. Nur im Winter nicht, dann ist es zu gefährlich, Stürme und Sturmfluten, die Gefahr eines tage-, ja wochenlangen Abgeschnittenseins. Dort draußen lebt ein Mensch fast ganz allein. Der inzwischen trockengefallene Meeresboden ist gut zu begehen, die Gruppe folgt der Nordsee, die sich mit der Ebbe weit zurückgezogen hat, die eigenen Schritte haben längst den Rhythmus gefunden, es läuft sich gut ans Ende der Welt. Bald steht man bis zu den Knien in einem Priel, einem Gezeitenstrom, in dem das Wasser der Nordsee mit einem irritierend starken Zug hinterher eilt. „Schlimmer wird’s aber nicht“, meint Michael Klisch, „hier und dort noch ein bisschen schlickig.“ Nur kurz vor dem Ziel, da wird es ein wenig anstrengend, da muss man durch Schlick, auch das ist nicht weiter schlimm, aber keine Belohnung ohne Mühe.
Über dem fernen Horizont bewegt sich etwas, das wie Rauch oder eine Wolke aussieht, in seinen abrupten Flugmanövern aber unmöglich solches sein kann: rapide Richtungswechsel, nach unten stoßen und nach oben auffliegen, pulsierend und sonderbar. Hunderte, wenn nicht tausende, Vögel fliegen diese phantastischen Formationen, frei wie der Wind, in und mit dem sie zu spielen scheinen. Es ist ihr Reich hier draußen. Knutts und Pfuhlschnepfen fliegen in solch schwungvollen Schwärmen, und Alpenstrandläufer auch, sein Federkleid scheint während des Richtungswechsels in der Luft zu blinken, schwarz und weiß und tausendfach.
Zeit und Raum scheinen sich aufgelöst zu haben unter dem hohen Himmel, in der Gleichförmigkeit. Und auch ein Ort der Gaukelei ist dies, einer des Phantastischen. In diesem weiten, vermeintlich nur leeren Raum. In einem, des Losgelöstseins, die Hallig scheint über dem nassen Meeresboden zu schweben, unwirklich schimmern gold die Dünen von Norderoogsand, dort, wo doch eigentlich nur noch offene See sein sollte. Trugbilder. Oder aber auch nicht.
„Manches kommt einem schon merkwürdig vor“, sagt Michael Klisch, dem viele Besonderheiten im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer durchaus bekannt sind, der sie erklären kann – Flugformationen wie Fatamorgana, der seine Gäste aber gern auch staunen lässt. Eines aber ist auch für ihn immer wieder sonderbar: „Die beiden Pfahlbauten erscheinen auf dem gesamten Weg viel größer, als sie in Wirklichkeit sind, ja, sie scheinen immer größer zu werden, je näher man Norderoog kommt – manche Gäste sprechen gar von Hochhäusern oder Bäumen. Diese Täuschung ist wirklich seltsam, aber so ist es!“
Was ist es – Wunsch oder Wirklichkeit? Lässt einen der innere Drang, wieder festen Boden, und sei es nur eine klitzekleine Hallig, unter den Füßen zu haben, das Ziel übermäßig erscheinen. Spielt einem der eigene Geist einen Streich, in diesem unendlich und leer nur wirkenden Raum? Einem ohne sichtbaren Anfang und ohne Ende, wo Himmel, Meer und Watt oft ohne erkennbare Grenze in einander übergehen – Meeresgrund trifft Horizont; nicht umsonst ist das ein Leitspruch des Weltnaturerbe Wattenmeer und auch dieser: ein Ort, wo sich Himmel und Erde eine Bühne teilen. Wo der Mensch nur Gast auf Zeit ist und Schutz braucht, spätestens in ein paar Stunden.
500 Meter vor der kleinen Hallig. Trotz ihrer Winzigkeit in der Weite ist ihre Existenz zu spüren, alle Sinne nehmen sie wahr. „Es riecht nicht mehr nur klar und frisch nach der See und dem Watt, sondern auch nach der Salzwiese. Also ich würde das beschreiben wie ein Gemisch aus Schlick und Pflanzen, etwas modrig und herb zugleich – und irgendwie auch frisch nach Salz. Es sind andere Vogelstimmen zu hören als auf dem Weg dorthin – nicht nur Möwen, sondern vielgestaltiger. Vor allem die sehr krächzend prägnanten und lauten Rufe der Seeschwalben, die die ganze Luft erfüllen; gerade in der Zeit von Mitte Juli bis Mitte August. Später im Jahr sind es dann oft sehr ruhige, eher feine Laute von Singvögeln, die auch über Norderoog ziehen“, berichtet Michael Klisch.
Die Hallig ist deutlich zu erkennen, während der Brutzeit übrigens auch daran, dass sie von Vögeln umschwärmt ist und mit geschäftigem Getöse. Nach der Brutzeit ist es stiller; der kleine Holzsteg ist zu sehen und PIET, das Ruderboot. Die Leute fast knietief im Matsch, dreckig wird man nun doch noch auf den allerletzten Metern. „Dann sind wir angekommen, die Bänke sind willkommene Sitzgelegenheiten und Ruhe kehrt ein, wir sammeln uns erstmal“, sagt Klisch. Dann kommt der Vogelwart und übernimmt.
Das, was als erstes festes Land erahnen lässt (vom „Festland“ gar kann keine Rede sein), ist das Lahnungsfeld; Carrés voller Schlick zwischen Verbauen aus Holz und Strauchwerk, das hält die Hallig fest. Nun riechen die Gäste auch die Salzwiese und sehen PIET, das Ruderboot am kleinen Steg von Hallig Norderoog, Strandaster und Halligflieder blühen ab dem Sommer lila . „Dann treten die Leute auf den Plankenweg und sind erstmal angekommen - sie haben wieder festen Boden unter den Füßen und werden begrüßt. Darauf hingewiesen, dass Umhergehen nur auf dem Plankenweg erlaubt ist.“ Die Hallig selbst erkunden darf man natürlich nicht. Man kann aber auf den Umlauf eines Pfahlbaus gehen, dort gibt es einen Info-Raum und von oben schauen.
Eric Walter leitet die Naturschutzarbeit des Vereins Jordsand in Nordfriesland, und er war auch schon mal Vogelwart, allerdings auf einem anderen, ähnlich einsamen Eiland. „Auf Norderoog anzukommen, ist jedes Mal etwas ganz Besonderes - die Hallig hebt sich beim Näherkommen deutlich vom Watt ab. Sie ist grün im endlosen Blaugrau des Watt, die vielen Vögel über ihr.“ Die Luft scheint zur Brut- und Zugzeit zu schwirren von den Flügelschlägen und vielfältigen Vogelstimmen. Geschäftiges Getöse, Hallig Norderoog ist Zugziel und Aufzuchtsort zigtausender Vögel. Und ein einziger Mensch lebt dann dort. Norderoog ist seit 1909 im Besitz des Vereins Jordsand – zum Schutz der Seevögel.
„Wir besetzen die Station in der Regel von März bis Ende Oktober. Zu den Aufgaben gehört das Monitoring im Nationalpark– wie viele Vögel sind wann wo, wie verändern sich die Individuenzahlen. Zählen und Dokumentieren“, erklärt Eric Walter. „Und wir zeigen Präsenz! Hallig Norderoog liegt in der Kernzone des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und darf von Gästen nur im Rahmen geführter Exkursionen nach der Brutzeit betreten werden. Über solchen Besuch freuen wir uns natürlich und erklären die Vogelwelt und unsere Arbeit gern.“ In ganz frühen Jahren, in den Anfängen des Natur- und Vogelschutzes zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, verjagte der Vogelwart die Eierdiebe noch mit Knüppelschlägen. Sicher tragen auch solche Geschichten zum Mythos Norderoog bei. Mit der Ausweisung des Großschutzgebietes sind illegale Betretungsversuche eher die Ausnahme geworden.
Die Vogelwartin, der Vogelwart, lebt allein auf Norderoog, nur einsam sind sie nicht. „Erstens ist es ein selbstgewähltes Exil auf absehbare Zeit“, berichtet Eric Walter, „das Alleinsein ist überschaubar. Und seinen Tagesablauf genau zu planen, hat etwas sehr Perspektivisches. Ohnehin gibt es genug Arbeit zu erledigen – ein Erholungsaufenthalt sind die Wochen und Monate auf Norderoog sicher nicht.“ Ihre Kandidaten wählen die Verantwortlichen des Vereins sehr genau aus, meist sind es Leute, die bereits vor dem Studium einen freiwilligen ökologischen Dienst an ähnlicher Stelle absolviert haben und nun ihre Bachelor- oder Masterarbeit über ein Öko-Thema schreiben. Auf Norderoog lernt man nicht nur fürs Studium, sondern auch fürs Leben. „Man findet schon eine besondere Art der Ausgeglichenheit, lernt Eigenverantwortung“, erinnert sich Eric Walter. Eine verklärte Robinsonade ist es sicher nicht.
Obwohl es so aussieht. Hallig Norderoog: fünf Kilometer südsüdwestlich von Hallig Hooge gelegen und scheinbar verloren und verletzlich im Wattenmeer, zwischen gewaltigen Tideströmen und riesigen Sandbänken, kaum zehn Hektar (650 mal 200 Meter) klein, mit immensem technischen Aufwand (Steinschüttungen, die Lage der ehemaligen Gleise einer Lorenbahn sind noch heute zu erkennen) festgemacht und am endgültigen Verschwinden gehindert vor nicht einmal zwanzig, vierzig Jahren. Die Flur Nummer Sechs der Gemeinde Hallig Hooge wäre vermutlich längst Geschichte und nicht einmal saisonal bewohnt – trotzdem: es ist vermutlich einer der einsamsten Orte an der deutschen Nordseeküste; ein Mensch und ganz weit weg vom Rest der Welt.
So konzentrieren sich die Mitarbeiter des Naturschutzes auf das Vogelleben, zum Beispiel auf das der Brandseeschwalbe, „…sie hat auf Norderoog ihren einzigen Brutplatz in ganz Nordfriesland.“ Erklärt Eric Walter und berichtet von Küstenseeschwalben und Flussseeschwalben, das Eiland ist das Reich der eleganten Seeschwalben. Schöner Vögel, die wirklich um die halbe Welt fliegen, bis sie wieder auf genau dieses winzige Eiland irgendwo im Nirgendwo des Weltnaturerbes Wattenmeer zurückkehren. Doch nicht nur sie leben hier: Austernfischer, Rotschenkel, Lach-, Silber, und Heringsmöwen sind weitere Brutvögel auf der Hallig.
„Man lebt mitten in der Vogelkolonie, kommt den Tieren näher und ist mitten im Geschehen.“ Für Vogelkundler ist dies der Mythos – für eine gewisse Zeit mitten in der Vogelkolonie zu leben und das in guter Tradition. Auch auf Norderoog wurde, vor mehr als hundert Jahren, der Gedanke des Vogelschutzes in aktive, konkrete Arbeit umgesetzt. Norderoog ist ein Begriff in der Geschichte des Schutzes der Seevögel, steht für Workcamps und Arbeitseinsätze. Für penibel geführte Beobachtungsbücher seit einem Jahrhundert und ungezählte, einsame Stunden im Hochwasser-Fluchtraum, für eine unvergessliche Zeit und Generationen von Biologen forschten und forschen dort für ihre Abschlussarbeiten.
Eric Walter: „Manche Vögel treten zur Zugzeit in riesigen Schwärmen auf, das sind wunderbare Schwarmflüge. Die Geräuschkulisse ist einzigartig – Wind und Vogelstimmen in Nuancen und vielfältig.“ Riesige Schwärme von Pfuhlschnepfen, Knutts und Alpensträndläufer sind ab dem Spätsommer im Wattenmeer auf der Durchreise in die Überwinterungsgebiete zu Gast. Die Leute von Jordsand kommen in der Hochzeit der Brut kaum vom Pfahlbau herunter, ringsherum ist alles dicht besetzt. „Auf Norderoog herumgehen ist dann, aus Schutzgründen, nicht möglich, man ist an das Gebäude gebunden, die Bewegung ist sehr eigeschränkt.“ Das Gebäude sind eigentlich zwei: sie stehen auf Pfählen drei Meter über Grund, das kleine mit einem Raum misst rund vier mal fünf Meter, das andere mit drei Räumen ist etwas größer.
„Die große Hütte ist auch unserer Fluchtraum bei Gewitter oder Sturmflut. Wenn Land Unter gemeldet wird, sind zumindest wir Menschen auf Norderoog sicher. Natürlich hofft man, dass es nicht so schlimm kommt, wie angekündigt.“ Anders als der Vogelwart können sich nämlich die brütenden Vögel während solcher Sommerhochwasser nicht in höhere Bereiche der Hallig retten. 2020 gab es dadurch einen Totalverlust bei Gelegen und Jungvögeln in vielen Brutkolonien entlang der Küste. Diese Extremereignisse zu dokumentieren, ist ebenfalls eine Aufgabe der Vogelwarte auf Norderoog. Eine Zunahme solcher Ereignisse, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, wird beobachtet.
„Versorgt werden wir mit dem Schiff MS SeeAdler, erklärt Eric Walter. „Kapitän Heinrich von Holdt bringt uns einmal im Monat Lebensmittel und, ganz wichtig, Trinkwasser – wir kalkulieren mit sechs, sieben Liter pro Person und Tag. Die Kanister landen wir mit unserem PIET an, dem kleinen Ruderboot, das am Steg liegt; wir schieben und ziehen es. Für das gesamte Manöver haben wir kaum eine halbe Stunde Zeit.“ Zum Nudelkochen geht auch Nordseewasser; im Verhältnis ein Halbes auf ein Ganzes („…ziemlich gute Mischung!“, E.W.), und geschöpft im Augenblick des stillstehenden Hochwassers bevor es wieder fällt – „…dann sind weniger Sedimente drin.“
Vom Umlauf auf der Plattform bietet sich ein spektakulärer Blick über das Wattenmeer: im Süden liegt die Insel Pellworm. Im Westen der gewaltige Norderoogsand mit seinen Dünen und ein Bollwerk gegen die Gewalt der Nordsee, im Norden ist Amrum zu erkennen, im Nordosten Hallig Hooge mit seinen Warften. Der Gast hat maximal eine Stunde Zeit, diesen Ausblick zu genießen. Und bei Windstille hört man die fernen Kirchenglocken von den Inseln und Halligen, das tiefe Stampfen von Schiffmotoren irgendwo weit draußen. Ein Sehnsuchtsort.
Um dem romantischen Bild ein wenig Verträumtheit und Verklärtheit zu nehmen: „Natürlich sind die Leute auf Norderoog per Telefon erreichbar, wir telefonieren, auch zur Sicherheit, jeden Tag. Sie haben Internet und können skypen.“ Vielleicht erzählen sie dann Erlebnisse wie diese: Wenn der Sonnenuntergang hinter den Dünen von Norderoogsand das Meer und die Hallig in Szene setzt, das tiefstehende Licht Konturen modelliert und die Farben intensiviert, und dann noch mit auflaufendem Wasser, und nur dann kommen sie, Vogelschwarm um Vogelschwarm einfliegt – dann sind das Bilder, die man nie wieder vergisst. Und diese hier: wenn sich nachts bei Niedrigwasser, die Vögel aufmachen und Schwarm um Schwarm, leise zwar aber fast schon zu spüren, aufmacht. Das sind die exklusiven Erlebnisse der Leute von Flur Nummer Sechs, 25859 Gemeinde Hallig Hooge / Kreis Nordfriesland. Alle anderen können auch mal kurz kommen. Und das, so viel sei gewiss, ist schon eine ganz beeindruckende Sache.
„Auf dem Rückweg sind die Gäste auch beeindruckt, aber anders – natürlich von der Hallig selbst und der Vogelwelt. Aber mehr noch von der Einsamkeit, auch der des Vogelwartes; nicht mehr nur von der Natur, sondern auch von dem Leben dort“, sagt Klisch. Da ist sie wieder, die Magie von Norderoog, ihr Mythos. Und diese Frage, sagt Klisch, komme oft auf – Hätten wir ihm oder ihr nicht etwas mitbringen sollen? Was denn? Wer auf Norderoog lebt, hat alles, was gebraucht wird und sich vor allem sehr gut darauf vorbereitet. Michael Klisch: „Ich biete oft an, etwas mitzubringen – frisches Brot oder Äpfel, Schokolade. Jede zweite Woche kommen sie ohnehin auf die Hallig. Mir scheint, dass es ihnen auf Norderoog an nichts mangelt.“ Und gewiss auch darüber, organisiertem und interessiertem Besuch von ihrer Arbeit zu erzählen und den Schutzgedanken mitzugeben. Denn wer auf Norderoog war, ist beeindruckt.
Vom Reduzierten, von der schieren Existenz eines kleinen Eilandes in der Weite zwischen Himmel und Meer. Von der Vielfalt und dem Schönen, allen Widrigkeiten zum Trotz. Vielleicht auch von der Verletzlichkeit von Natur und Leben. Man hängt seinen Gedanken nach auf dem Rückweg, wo das kleine Hooge groß und größer erscheint. Das am Horizont und geerdet im trockengefallenen Watt liegt. „Erst denken die Leute immer – Mensch! Hallig Hooge ist ja schon klein und abgelegen. Aber Norderoog…!“ Die zehn Warften von Hooge tauchen immer deutlicher auf, Schutz und Geborgenheit am Ende der Welt, Leben zwischen Watt und Weltraum. Fast am Ende. Denn dort draußen ist noch ein Eiland und verschwindet im Dunst, löst sich auf wie ein Traum.
Kurz notiert: Die Tour dauert insgesamt 4 Stunden.1,5 Stunden Hinweg, 1 Stunde Aufenthalt und 1,5 Stunden Rückweg. Ca. 5 km ein Weg, insgesamt ca. 10 km. Die Termine der Touren nach Norderoog werden auf der Seite https://www.schutzstation-wattenmeer.de/unsere-stationen/hooge/veranstaltungen-watt-erleben veröffentlicht.