

26. Juni 2025
East Coast Trail – Geheimtipp unter den Fernwanderwegen
Der über 336 Kilometer lange East Coast Trail entlang der Südwestküste Newfoundlands ist wirklich spektakulär. Er führt zu Naturwundern, Leuchttürmen, verlassenen Siedlungen, bildhübschen Fischerdörfern, einsamen Buchten und Stränden, durch verwunschene Wälder, unberührte Wildnis und zu fantastischen Felsformationen und Klippen. Hier wird eine Auswahl von drei der insgesamt 26 Etappen geschildert.
Die Existenz des East Coast Trail ist der Begeisterung von rund 20 Freiwilligen zu verdanken, die im Jahr 1994 in harter Arbeit Teile des Weges freizulegen begannen. Unter ihnen war auch die aus Deutschland stammende Volkskundlerin Dr. Elke Dettmer, die heute in Pouch Cove eine Pension mit Frühstück betreibt.
Für die drei hier beschriebenen Teilstücke braucht man nur ein Auto statt zwei Fahrzeugen, weil man auf demselben Pfad zum Ausgangspunkt zurückkehrt.

Der Silver Mine Head Path führt von Middle Cove Beach, wo man das Auto parken kann, an den Dorfrand von Torbay. Auf der linken Seite findet man am Ende des Strandes einen Wegweiser. Für die 3,8 Kilometer lange Wanderung braucht man etwa 90 Minuten (ein Weg). Der Pfad führt erst durch Baumbestand der Küste entlang. Hoch über den Klippen öffnen sich immer wieder prächtige Ausblicke auf die zum Meer abfallenden Felsen. Bitte Vorsicht vor der gähnenden Tiefe! An manchen Stellen findet Erosion statt. Die Wanderung ist nicht schwierig, an morastigen Stellen gibt es Holzstege. Über den kleinen Fluss North Pond Brook ist eine neue Brücke gebaut worden. Die Felsformationen entlang des Pfades sind phänomenal. Auf der Wiese jenseits des Flüsschens Houlihan lässt sich im Sommer herrlich ruhen, picknicken und Wale beobachten. Am Strand sieht man Ruinen einer militärischen Befestigung aus dem Zweiten Weltkrieg. Bald danach tauchen die Häuser von Torbay auf.

Die zweite Wanderung zum Leuchtturm von Bay Bulls ist Teil des Spout-Pfades, der zu einem bekannten Geysir in den Küstenfelsen führt. Die Tour eignet sich für geübte Wanderer, während die Teilstrecke zum Leuchtturm nur mittelschwer ist. Für den gemächlichen Anstieg wird man mit atemberaubenden Aussichten und verblüffenden Klippenfelsen belohnt. Zuerst steigt der 3,5 Kilometer lange Pfad durch einen Wald hoch, das Terrain ist anfänglich ziemlich steinig. Sobald man dieses Teilstück nach kurzer Zeit hinter sich lässt, ist die Sicht frei auf den Nordatlantik, die Useless Bay und die ferne Küste. Auch hier helfen Holzstege über sumpfige Stellen. Imposant sind die sogenannten „Flats“, flache Felsterrassen, die fast träge zum Wasser hinuntersinken. Etwas weiter in der Wanderung trifft man auf „The Pulpit“, einen freistehenden Felspfeiler zwischen den Klippen – ein unwiderstehliches Fotomotiv. Von da an gewinnt man wieder an Höhe. Die letzte Etappe fühlt sich irgendwie alpin an, mit Gras, Heidelbeerbüschen, Steinblöcken und einsamen knorrigen Bäumen. Nach etwa 90 Minuten erreicht man den weißen Leuchtturm, der auf der Anhöhe thront.

Der dritte Vorschlag ist eine nur 1,4 Kilometer lange Wanderung zur aufgegebenen Fischersiedlung La Manche, deren Attraktion eine Hängebrücke aus Holz ist. Am Anfang läuft man auf gerillten flachen Felsrücken durch den Wald, später wird es stellenweise sehr holprig, aber insgesamt ist es ein leichter Weg zu einer geschützten, zauberhaften Bucht, an der man mit Gras überwucherte Hausfundamente findet. Die 1840 entstandene Siedlung La Manche – zuletzt waren es dreizehn Häuser und eine Kirche – wurde 1966 nach einem zerstörerischen Wintersturm verlassen. Seit dem Jahr 2000 gibt es die neue Hängebrücke, ein wundervolles Bauwerk, das Wanderer sicher auf die andere Seite des Fjords führt.

Informationen:
- Lage: Silver Mine Head Path: Von St. John’s aus sind es etwa 20 Autominuten in nördlicher Richtung. Pfad zum Leuchtturm von Bay Bulls auf der Avalon-Halbinsel: von St. John’s etwa eine halbe Autostunde in südlicher Richtung, der Pfad nach La Manche fünf Minuten weiter in derselben Richtung.
- Anreise: Nach Middle Cove Beach, wo der Silver Mine Head Path beginnt, nimmt man den Marine Drive von St. John’s aus. Nach Bay Bulls: Von St. John’s auf der NL-3 und dann NL-10 in südlicher Richtung fahren. In Bay Bulls die St. John’s Road nehmen, nach einem halben Kilometer die Northside Road, der man 2,5 Kilometer folgt und die dann zu einer unbefestigten Straße wird. Darauf fährt man weiter bis zum Holy Trinity Cemetary, wo man den Wagen parken kann. In der Nähe des Friedhofs ist der Wegweiser sichtbar. Nach La Manche fährt man auf NL-10 in südlicher Richtung, dann links abbiegen, wo ein Schild „La Manche“ erscheint (etwa ein Kilometer nach dem Schild zum La Manche Provincial Park). Die unbefestigte Straße endet nach etwa drei Kilometern bei einem Wegweiser, wo es Platz für das Auto gibt.
- Aktivitäten:
- Im La Manche Provincial Park (Abzweigung vor der Erdstraße nach La Manche) gibt es eine Schwimmgelegenheit.
- Wer sich für weitere militärische Befestigungsruinen in Torbay interessiert: hiddennewfoundland.ca/red-cliff-radar-station
- Von der Hängebrücke in La Manche kann man 800 Meter weiterwandern und in eine hübsche Bucht, Doctor’s Cove, hinuntersteigen.
- Unterkünfte:
- Park Avenue Suites: 12 Park Avenue, Mount Pearl (nahe St. John’s), 12parkave.ca
- Whalehouse Guest House: 6 Lower Road, Mobile (nahe La Manche), Tel. +1 709 702 0313, whalehouse.ca
- Camping im La Manche Provincial Park: parksnl.ca/parks/la-manche-provincial-park
Beitragsbild: Silver Mine Head Trail mit Sicht auf Torbay. Foto von Bernadette Calonego
Buchtipp: Newfoundland & Labrador - Abseits der ausgetretenen Pfade
50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade
Die Provinz Newfoundland & Labrador ist immer noch ein Geheimtipp für Reisende. Abseits von Destinationen wie dem Gros Morne National Park und der Hauptstadt St. John`s öffnet sich eine unbekannte Welt von wundersamer, manchmal karger und fast immer überwältigender Schönheit. Diese Region ist sehr ursprünglich, authentisch und weitgehend unentdeckt. Hier wandert man wirklich „abseits der ausgetretenen Pfade“!
Dieses Buch ist kein gewöhnlicher Reiseführer. 360°-Autorin Bernadette Calonego hat Orte aufgespürt, mit deren Bedeutung selbst viele Einheimische nicht vertraut sind. Es gibt in der Region geologische Phänomene und historische Stätten, die weltweit Aufsehen erregen müssten – wenn ... ja, wenn sie mehr Leuten bekannt wären. Staunend erlebt man eine Lebensweise und Sitten, die echt, zeitlos und erfrischend wirken. Man findet Einsamkeit, ohne sich einsam zu fühlen. Newfoundland & Labrador ist still und natürlich, und das ist auch der unwiderstehliche Reiz dieser Gegend.
Über die Autorin: Die Krimiautorin und Journalistin Bernadette Calonego (bernadettecalonego.com) lebt an der Sunshine Coast nahe Vancouver und in Newfoundland. Vor über zwanzig Jahren ging sie als Auslandskorrespondentin nach Kanada. Sie schrieb unter anderem für die Süddeutsche Zeitung. Ihr Sachbuch „Oh, wie schön ist Kanada!“ stand auf der Spiegel-Bestsellerliste. Sie hat neun Kanada-Krimis veröffentlicht, einige wurden übersetzt.
Bibliographische Angaben:
- Taschenbuch: 256 Seiten, 241 Fotos, 10 Karten
- Verlag: 360° medien
- Auflage: 1 (Mai 2022)
- Preis: 16,95 €
- ISBN: 978-3-96855-297-2
- Bestellmöglichkeit im Buchhandel oder über den Verlagsshop: 360grad-medienshop.de/kanada-newfoundland-und-labrador