30. März 2020
Giftspinnen: eine neue Attraktion in Marlborough?
Normalerweise rennen Menschen schreiend davon, wenn es um Giftspinnen geht. Aber eine Population der giftigen Katipo-Spinne könnte eine interessante Möglichkeit für den Öko-Tourismus in Marlborough sein.
Die Katipo ist Neuseelands einzige einheimische Giftspinne. Ihr Name bedeutet auf Maori “Nacht-Beißer“. Ihr Biss ist potenziell tödlich, das letzte Todesopfer wurde allerdings vor mehr als 100 Jahren gemeldet. 2010 machte ein kanadischer Tourist im Northland die Bekanntschaft mit der Katipo – die Spinne biss ihn in den Penis, er überlebte aber ohne weitere Schäden.
Die im Speichel der Katipo-Spinne enthaltenen Neurotoxine sind für Menschen extrem schmerzhaft. Wird man gebissen, stirbt man vielleicht nicht – aber man wünscht es sich.
Die Katipo-Spinne lebte früher an vielen Sandstränden Neuseelands. Sie wurde bereits 2010 unter strengen Naturschutz gestellt. Ihre Bestände hatten kontinuierlich abgenommen. Neben dem Verlust ihres Lebensraums ist sie von neu eingeführten, sandbindenden Pflanzen wie der Lupine und von eingeführten Spinnenarten aus Australien und Südafrika bedroht. 2010 galt die Katipo aus der Region Wellington als verschwunden, häufigere Sichtungen gab es nur noch auf der Südinsel.
Der „Marlborough Kaikoura Trail Trust”, der sich vorrangig um die Vermarktung des neu eingeführten „Whale Trail” kümmert, ist sehr aufgeschlossen für die Idee. Die kürzlich entdeckte Spinnenpopulation am Marfells Beach könnte den 200 Kilometer langen Fernrad- und Wanderweg um eine weitere Attraktion bereichern.
Durch den Whale Trail sollen in den nächsten 20 Jahren mehr als 100 Millionen Neuseeland-Dollar in die Region Marlborough gespült werden. Öko-Tourismus, der sich auf die besondere und oft bedrohte Natur Neuseelands fokussiert, kann Reisende mit neuen Interessen anziehen und dabei Einnahmen erzeugen, die direkt dem Naturschutz zugutekommen.
Ob es sinnvoll ist, mehr Besucher an das unwirtliche Stück Küste am Marfells Beach zu locken, und welche Auswirkungen die Gäste auf das Ökosystem haben könnten, darüber wird in Kekerengu und den anderen Gemeinden an der Küste noch diskutiert. Allein durch das Erdbeben habe die Region schon zu viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Katipo als bedrohte Tierart könnte von mehr Tourismus profitieren, vielleicht aber auch Schaden nehmen.
Tagsüber bleibt die Katipo in ihrem dicht gewebten Netz. Sie dort zu entdecken, ist für Ungeübte sehr schwierig. Aber nachts verlässt sie ihr Versteck und ist dann mit Hilfe einer Stirnlampe gut zu sehen.
Dass die Katipos am Marfells Beach überhaupt entdeckt wurden, verdanken sie dem Erdbeben vom November 2016. Die 14-jährige Eve Anderson hatte im April 2018 hunderte dieser Spinnen am Marfells Beach entdeckt. Eve wollte für ein Schulprojekt herausfinden, wo die Spinnen in den Dünen genau lebten. Das Erdbeben hatte große Teile der Küste angehoben und dabei neue Dünen erzeugt.
Neue Hoffnung für den Bestand der Katipo macht nicht nur die Entdeckung von Eve Anderson in Kaikoura, sondern auch eine aktuelle Meldung: Im August 2019 wurde eine neue Population nahe dem Hafeneingang von Wellington entdeckt. Es besteht also noch Hoffnung für die einzige Giftspinne Neuseelands.
(Jenny Menzel)