Neuseeland: Einwanderungs-Interessierte können langsam aufatmen

19. Februar 2021

Neuseeland: Einwanderungs-Interessierte können langsam aufatmen

Monatelange Hiobsbotschaften und das Warten auf das Öffnen der Grenzen in Neuseeland – Jetzt gibt es gleich zwei positive Nachrichten, die zu einer positiven Entwicklung beitragen könnten. Völlig unerwartet und anders als prognostiziert sanken die Arbeitslosenzahlen um 0,4 Prozent. Zudem wird mit einem frühzeitigen Impfstart gegen das Corona-Virus Ende März 2021 gerechnet. „Beide Faktoren dürften die Öffnung der Grenzen und so die Einwanderungschancen für Deutschsprachige wieder erhöhen“, erklärt der langjährige Immigrationsberater Peter Hahn.

Neuseeland regeneriert sich selbst – so könnte man die neueste Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Land der langen weißen Wolke deuten. Wo Wirtschaftswissenschaftler der Reserve Bank während des Lock Downs aufgrund der Corona Pandemie im März 2020 noch Arbeitslosenquoten von bis zu elf Prozent prognostiziert hatten, sank jetzt überraschenderweise die Zahl der Nicht-Beschäftigten im Dezember-Quartal von 5,3 auf 4,9 Prozent. Prognostiziert war hingegen ein Anstieg auf 5,6 Prozent. „Wir sind völlig überrascht, wie stark sich der Arbeitsmarkt Ende 2020 nun tatsächlich zeigt“, erklärt ASB Senior Economist Mike Jones. Im Vergleich dazu hatte Deutschland im Dezember 2020 eine Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent mit steigender Tendenz, denn im Januar ging die Zahl sogar auf 6,3 Prozent hoch.

Hilfe zur Selbsthilfe

Die Neuseeländer, ihr Zusammenhalt und ihre Tatkraft zeigen sich derzeit einmal mehr. Scheinbar hilft sich die Bevölkerung momentan selbst mit einer starken Kaufkraft und Unternehmungslust. 10.000 Menschen weniger sind derzeit arbeitslos und in der Wirtschaft konnten 17.000 neue Jobs besetzt werden. „Nicht alle Industriezweige haben hier gleich gut aufgeholt. Das Baugewerbe konnte mit 13.200 neuen Jobs deutlich zulegen, während viele Arbeitsplätze im Tourismusbereich weiter abnahmen“, erklärt Becky Collett, Statistic New Zealand Senior Manager.

Der langjährige Einwanderungsberater Peter Hahn erklärt die Situation aus seinen Beobachtungen folgendermaßen: „Einige Jobs, die beispielsweise häufig von Pacific Islandern gefüllt werden, übernehmen nun Neuseeländer selbst. Viele Schüler jobben so zum Beispiel nach dem Schulabschluss auf den Obstplantagen und helfen bei der Ernte aus. Zudem können Kiwis derzeit ja nur schwer das Land verlassen, reisen jedoch gerne. Sie geben das Geld folglich für Trips im eigenen Land aus. Die Menschen gehen mehr essen, reisen durch Neuseeland, so dass die Gastronomie und die inländische Reise-Branche gut zu tun haben. Nachdem Inlandsreisen oft deutlich günstiger sind als Fernreisen, bleibt vielen Neuseeländern Geld übrig, welches sie dann für andere Waren wie Autos oder Sportequipment ausgeben. Die Kaufkraft steigt, das kurbelt Wirtschaft und Industrie an.“ Zudem kommen viele Neuseeländer, die im Ausland gelebt haben, aufgrund der Auswirkungen und Einschränkungen durch die Corona-Pandemie jetzt zurück in ihre ursprüngliche Heimat. Mehr Menschen bedeuten auch mehr Umsatz.

Langfristige positive Auswirkungen

„Die sinkende Arbeitslosenquote zeigt, dass der Arbeitsmarkt sich gut erholt und laufend neue Arbeitskräfte gebraucht werden. Mittel- bis langfristig wird das auch den Einwanderern zugute kommen, denn gerade Fachpersonal in vielen Bereichen ist rar“, weiß Peter Hahn.

Ein weiterer positiver Faktor, der die Einwanderung nach Neuseeland künftig wieder in absehbare Nähe rücken kann, ist die anstehende Impfstofflieferung von Pfizer-BioNTech nach Neuseeland. „Mit entsprechender Covid19-Immunität der Bevölkerung hier wird es natürlich wahrscheinlicher, dass auch die Grenzen wieder geöffnet werden können“, erklärt Peter Hahn die Lage. „Derzeit baut Neuseeland auf Eliminierung. Die Pandemie lässt sich durch Grenzschließung, beschränkte überwachte Quarantäneplätze und Auckland als einzigen Einreisestandort noch gut unter Kontrolle halten. Einem Covid19-Ausbruch im Land kann man so entgegenwirken und das Risiko minimieren. Mit einer Immunität im Land könnte man dann auch die Strategie wechseln.“
Geplant sind zunächst 1,5 Millionen Dosen, die ab März nach und nach ins Land geliefert werden sollen. Dr. Ashley Bloomfield, Gesundheitsbeauftragter im Parlament rechnet mit einer pünktlichen, wenn nicht sogar frühzeitigen Lieferung nach Neuseeland und trifft jetzt schon vorbereitende Maßnahmen. Vorrangig immunisiert werden soll das Flughafen-, Airline- und Quarantäne-Personal.

„Sowohl die gesunkene Arbeitslosenquote wie auch die baldige Immunisierung der neuseeländischen Bevölkerung sind durchaus als positive Schritte zu sehen, dass die Chance auf absehbare Einwanderung nach Neuseeland wieder größer wird“, fasst der Einwanderungsberater die positiven News noch einmal zusammen.

Der Bedarf an spezifischen qualifizierten Arbeitskräften zeigt sich bereits jetzt und er wird auch künftig gefüllt werden müssen. „Deutsche Einwanderer als Zielgruppe sind erwünscht, auch wenn sie vermutlich dann nur in Etappen hereingelassen werden“, mutmaßt Peter Hahn. Wann Immigration grundsätzlich wieder möglich sein wird, und wie genau die Labour Regierung die neuen Regeln am Ende formuliert, ist allerdings noch nicht geklärt. „Ich rechne mit einer tatsächlichen Grenzöffnung nicht vor Ende 2021 oder Anfang 2022“, resümiert der Neuseeland-Experte. „Reelle Chancen für Einwanderer auch wieder nach Neuseeland einreisen zu können, sehe ich etwa ab März 2022. Das ist jedoch nur meine persönliche Einschätzung nach momentanem Stand.“

Dennoch können Auswanderungspläne bereits jetzt eingeleitet werden. Ob generelle Informationssuche, Anerkennung von Ausbildungen, die Entwicklung der individuellen Einwanderungsstrategie oder die eigene Berufszulassung in Neuseeland organisieren, vorbereitende Maßnahmen könnte man bei ernsthaftem Interesse jetzt schon angehen.

Text: Anja Schönborn, Photo Credit: Paul Sutherland Photography, www.nzstory.govt.nz