Neuseeland: Geothermisches Erdloch reißt Urlauberin in die Tiefe

29. Juli 2022

Neuseeland: Geothermisches Erdloch reißt Urlauberin in die Tiefe

In Neuseeland hat sich ein ungewöhnliches Unglück ereignet: Eine australische Urlauberin stürzte in Rotorua in einen Krater, der sich urplötzlich vor ihr auf dem Fußweg auftat. Der Ort ist für seine geothermischen Aktivitäten bekannt.

Neuseeland liegt auf dem Pazifischen Feuerring: Meldungen über Erdbeben und sogar Vulkanausbrüche sind in dem Inselstaat deswegen keine große Überraschung. Auch die geothermischen Aktivitäten auf der Nordinsel sorgen immer wieder für Veränderungen in der Landschaft: Eine solche hätte eine australische Urlauberin nun beinahe das Leben gekostet.

So tat sich in Rotorua, einem Ort knapp drei Autostunden südlich von Auckland, ein zwei Quadratmeter großer, rund einen Meter tiefer Krater auf und verschluckte die Frau, die mit ihrem Mann auf dem Fußweg unterwegs war. Der Vorfall ereignete sich in dem Māori-Dorf Whakarewarewa, einem beliebten Ziel für Urlauber in Rotorua, das für seine dampfenden Böden, heißen Pools und dramatischen Geysire bekannt ist. Das Erdloch tat sich in einer Gegend mit geothermischen Aktivitäten auf und ein Video zeigt, wie Dampf aus dem Loch entwich.

Laut Mike Gibbons, dem General Manager des Dorfes, ist auch der Ehemann der Frau verletzt worden, als er versuchte, seiner Frau aus dem Loch zu helfen. Die Urlauberin konnte letztendlich gerettet werden, nachdem ihr drei weitere Leute in der Nähe zu Hilfe eilten. „Sie haben es gemeinsam geschafft, sie aus dem Loch zu holen“, sagte Gibbons der australischen Ausgabe des „Guardian“. Die Frau wurde ins Krankenhaus gebracht und befindet sich in einem ernsten, aber stabilen Zustand.

Bis zu 400 Grad Celsius heiß

Pohutu-Geysir in Whakarewarewa. Foto: denisbin, Wikimedia, CC BY-SA 2.0
Pohutu-Geysir in Whakarewarewa. Foto: denisbin, Wikimedia, CC BY-SA 2.0

Bei dem Krater soll es sich um ein geothermisches Erdloch, eine sogenannte Fumarole, handeln. Die Löcher können Dampf und vulkanische Gase abgeben, oft mit extremen Temperaturen von bis zu 400 Grad Celsius.

In Whakarewarewa befinden sich einige geothermische Pools. In manchen kann man baden, doch andere erreichen Temperaturen von 100 bis 200 Grad Celsius und werden zum Kochen verwendet. In lokalen Medien hieß es, Regenfälle in den vergangenen Tagen könnten dazu beigetragen haben, dass sich das Erdloch aufgetan habe. Auf der Webseite der Gemeinde hieß es, dass das Dorf und vor allem die Straße bis auf weiteres geschlossen bleiben würden. Reparaturarbeiten sollen am Wochenende beginnen.

Unglücke selten, aber besonders tragisch

Grundsätzlich sind Erdlöcher aufgrund der geothermischen Aktivitäten in der Region keine Seltenheit. Doch meist werden keine Menschen verschluckt. Trotzdem kommt es immer wieder zu Unfällen mit den heißen Pools und Geysiren. So stürzte 2010 ein achtjähriger Junge in ein Geothermalbecken in Rotorua. Obwohl er noch ins Krankenhaus nach Auckland geflogen und auf die Intensivstation gebracht wurde, starb das Kind.

Ein weiterer tragischer Vorfall aufgrund vulkanischer Aktivitäten ging im Dezember 2019 um die Welt. Damals brach der Whakaari aus, ein Vulkan auf der Insel White Island vor der Küste der neuseeländischen Nordinsel. Zum Zeitpunkt der Eruption befanden sich 47 Menschen auf der Insel – Urlauber des Kreuzfahrtschiffes „Ovation of the Seas“, das den Besuch auf der Insel in seinem Programm hatte, sowie einige lokale Touristenführer. Bei der Naturkatastrophe starben 22 Menschen während des Ausbruchs oder später im Krankenhaus. Das 22. Opfer, ein deutscher Urlauber, erlag sieben Monate nach dem Ausbruch seinen schweren Verletzungen. Etliche der Überlebenden befinden sich bis heute in Behandlung.

Millionenmetropole sitzt auf 50 Vulkanen

Blick vom Mount Eden in Auckland. Foto: Petro Szekely, FlickR, CC BY-SA 2.0
Blick vom Mount Eden in Auckland. Foto: Petro Szekely, FlickR, CC BY-SA 2.0

Grundsätzlich leben die Neuseeländer mit ihren geologischen Besonderheiten, ohne ihr Alltagsleben davon zu sehr beeinflussen zu lassen. Neuseelands größte Stadt Auckland beispielsweise sitzt auf über 50 Vulkanen, die sich auf einer Fläche von 360 Quadratkilometern verteilen. Die Vulkane sind Teil der Landschaft geworden: Sie sind Inseln und Hügel, in manchen Kratern befinden sich Seen – und nur ab und zu deuten schwarze Lavafelsen auf den vulkanischen Untergrund hin. Einige der Vulkane sind heute sogar Touristenattraktionen wie der Mount Eden. Rangitoto, wo die letzte Eruption vor 500 Jahren stattfand, ist eine Insel, zu der „Vulkantouren“ angeboten werden. „Es ist unwahrscheinlich, dass die bestehenden Vulkane von Auckland wieder aktiv werden, aber das Auckland Volcanic Field selbst ist jung und immer noch aktiv“, heißt es bei der neuseeländischen Informationsseite Geonet. Die Wahrscheinlichkeit sei gering, hätte aber schwerwiegende Folgen, sollte sie je eintreten.

Immer wieder gibt es dabei aber auch völlig unerwartete Neuigkeiten: So entdeckten Wissenschaftler 2016 eine Magmakammer unter dem Ort Matata auf der neuseeländischen Nordinsel. 200 Millionen Kubikmeter Magma haben sich dort seit den 1950ern angesammelt – umgerechnet könnte man damit 80.000 olympische Swimmingpools füllen. Dahinter steckt wohl ein bis dahin unentdeckter Vulkan, der in Richtung Erdkruste drückt.

Text: Barbara Barkhausen, Beitragsbild: Whakarewarewa Thermal Village, Foto: Anagoria, Wikimedia, CC BY-SA 3.0