15. Oktober 2021
Neuseeland: Durch Impffortschritt Grenzöffnung noch vor Weihnachten?
Ein Ausbruch der hochansteckenden Delta-Variante hat nach Australien nun auch Neuseeland zum Umdenken gezwungen. Von der No-Covid-Politik schwenkt das Land auf eine Unterdrückungsstrategie um und setzt auf Impfungen. An diesem Wochenende ist ein Super-Impf-Samstag geplant, wo selbst im Flugzeug noch geimpft wird.
Neuseeland war der Musterschüler der Pandemie: Dank geschlossener Grenzen und einer strengen No-Covid-Strategie registrierte das Land weniger als 5000 Infektionen und 28 Tote. Doch die gute Performance ließ das Land beim Impfen nachlässig werden. Letztendlich war es eines der langsamsten westlichen Länder beim Start und der Umsetzung der Kampagne.
Ein Ausbruch der Delta-Variante im August hat das Land nun zum Umdenken gezwungen. Zum einen sah sich die Regierung gezwungen, von der No-Covid-Strategie abzuweichen und eher auf eine Unterdrückungsstrategie zu setzen, zum anderen nahm der Druck zu, den Großteil der knapp fünf Millionen Neuseeländer so schnell wie möglich zu impfen. In den vergangenen Wochen hat das Land das Impfen nun priorisiert und inzwischen sind über 80 Prozent der neuseeländischen Bevölkerung ab zwölf Jahren zumindest einmal und über 57 Prozent zweimal geimpft.
Diese Zahlen verteilen sich jedoch ungleichmäßig im Land. Während in Neuseelands größter Stadt Auckland, wo der derzeitige Coronavirus-Ausbruch hauptsächlich lokalisiert ist, deutlich mehr Menschen schon geimpft sind, hinken einige regionale Gebiete sowie Gemeinden der neuseeländischen Ureinwohner – der Māori – deutlich hinterher.
Snacks in Economy, Impfung in Business Class
Um die Impfquote nochmal deutlich nach oben zu schrauben, plant das Land nun einen Super-Impf-Samstag. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern erhofft sich an diesem Wochenende mindestens 100.000 Impfungen und will den bisherigen Rekord von über 93.000 Impfdosen an einem Tag schlagen, wie sie in einer ihrer Pressekonferenzen sagte.
Für den Samstag sind etliche Aktionen geplant: Die neuseeländische Fluggesellschaft Air New Zealand, die wie auch die australische Fluglinie Qantas künftig nur geimpfte Reisende auf Langstreckenflügen zulassen will, stellt einen ihrer Boeing 787 Dreamliner-Jets zur Verfügung und verwandelt das Flugzeug in eine Impfklinik. Impfwillige sollen in Economy Class mit Snacks versorgt und dann in der Business Class geimpft werden.
Achtstündiger „Vaxathon“
Außerdem fahren Impf-Wohnmobile durchs Land, und die neuseeländische Abteilung für Naturschutz stellt Geländewagen und Boote zur Verfügung, um Menschen in abgelegenen Gebieten zu impfen. Außerdem sollen Impfungen in Hausarztpraxen, Apotheken, in den Marae – den Versammlungsorten der Ureinwohner – in Kirchen, Moscheen, Gemeindezentren und Drive-Through-Zentren angeboten werden. Der insgesamt auf acht Stunden angelegte „Vaxathon“, der am Samstagmittag Ortszeit beginnt, wird sogar im neuseeländischen Fernsehen übertragen. Eine Anzeigetafel soll anzeigen, welche Orte und Regionen in Führung liegen.
Gleichzeitig gab Chris Hipkins, der für den Kampf gegen die Pandemie abgestellte Minister, Hoffnung auf eine Entspannung der bisher streng überwachten Außengrenzen des Landes. Erwartet wird, dass der bisher obligatorische 14-tägige Aufenthalt in einem Quarantänehotel – lokal als MIQ bekannt – bei der Einreise nach Neuseeland gelockert werden könnte. „Wir überdenken unsere Einstellung gegenüber MIQ aktiv, da es unwahrscheinlich ist, dass wir auf null Fälle zurückkommen“, sagte Hipkins diese Woche in einer Pressekonferenz.
Machen die Grenzen noch vor Weihnachten auf?
Im August hatte Premierministerin Jacinda Ardern ursprünglich einen Stufenplan für die Öffnung Neuseelands vorgeschlagen. Nach einem Pilotprojekt mit neuseeländischen Geschäftsreisenden, bei dem diese ins Ausland reisen und sich bei ihrer Rückkehr zu Hause selbst isolieren, sollten die gewonnenen Erkenntnisse ab 2022 auf geimpfte Neuseeländer angewendet werden, die einen internationalen Urlaub planen. Ab Anfang nächsten Jahres plante das Land zudem, sich für geimpfte Reisende aus Niedrigrisikoländern zu öffnen und ihnen die Einreise ohne Quarantäne zu ermöglichen. Urlauber aus einem Land mit mittlerem Risiko sollten sich nach wie vor in irgendeiner Form selbst isolieren oder einen kürzeren Aufenthalt in einem Quarantänehotel absitzen, während Reisende aus Hochrisikoländern oder solche, die nicht geimpft sind, weiterhin auf die von der Regierung organisierte Quarantäne zurückgreifen müssten.
Inwiefern diese Pläne durch den Ausbruch der Delta-Variante angepasst oder verändert werden, ist bisher noch nicht klar. Im Nachbarland Australien hat die Erkenntnis, dass das Virus auch weiterhin in der Gesellschaft zirkulieren wird, dazu geführt, dass die internationalen Grenzen zumindest für die Ankunft in Sydney bereits am ersten November geöffnet werden. Auch im Fall von Neuseeland spekulierten einige Medien bereits über eine Entspannung noch vor Weihnachten anstatt erst im neuen Jahr.
Autorin: Barbara Barkhausen (Sydney)